Gründe für den Untergang Ataris
Obwohl die technischen Möglichkeiten zur Entwicklung und zur Produktion
von hochwertigen Computern oder Spielekonsolen vorhanden gewesen sind, war
der Abstieg Ataris vorgezeichnet.
Der "Gründer" des modernen Atari und Vater des STs, Jack Tramiel, hat
auch seinen Teil dazu beigetragen. Jack hatte als Gründer der Firma
Commodore Erfahrungen gesammelt, die der Firma am Ende zum Verhängnis
wurden. Was war geschehen ?
Grund 1:
Als Jack Tramiel im Jahr 1977 den PET, Commodores ersten Computer, der
Öffentlichkeit vorstellte, brauchte er keinen Schreiberling, keinen
Radio- oder TV-Sender zweimal zu bitten - Sie alle kamen von allein, um von
der großen Neuigkeit zu berichten. Werbung war praktisch nicht nötig
! Selbst 8 Jahre später, als Atari den ST vorstellte, war kaum Werbung
nötig. Der ST war seiner Zeit so weit voraus, daß viele Zeitungen
ganz von allein über diese neue (Wunder-)Maschine berichteten. Doch
weitere 10 Jahre später, im Jahr 1995, hatten sich die Erfordernisse
zur Markeinführung neuer Produkte grundlegend geändert. Ein Jaguar
verkaufte sich nicht allein, schon gar nicht, wenn ein Konkurrent wie Sony
mehr als eine halbe Millarde Dollar in Werbekampagnen investiert, um den
Markt an sich zu reißen. Die Trägheit des alternden Tramiels war
sicher mit ein Grund, daß Atari den Anschluß verpassen mußte
- das Ende war aber lange vorher absehbar.
Grund 2:
Schon Anfang der 90er war erkennbar, daß der technische Vorsprung Ataris
gegenüber der PC-Welt dahin schmolz und sich sogar umkehrte. Während
der ST zu seiner Einführung weniger als die Hälfte eines in der
Rechenleistung vergleichbaren PCs kostete, so war schon der TT gegenüber
vergleichbaren PCs zu teuer. Atari hatte es versäumt, rechtzeitig auf
neueste Technologie zu setzen und hatte es vorgezogen, alles eher langsam
anzugehen - zu langsam. Aber nicht nur die Hardware wurde eingeholt.
Grund 3:
Obwohl Microsoft sein Windows 1.0 schon im Frühjahr 1985 auf der Comdex
vorstellte, dauerte es fünf Jahre, bis die erste halbwegs brauchbare
Version (Windows 3.0) für günstige $39 in den Markt gedrängt
wurde. Damit wurde der große Vorteil, den Atari und Apple für
sich verbuchen konnte, aufgehoben: die Maus und die damit verbundene
Benutzerführung war jetzt auch für PCs verfügbar.
Grund 4:
Atari versuchte zwar krampfhaft, durch immer neue Hardware-Entwicklungen,
dem PC-Lager Paroli bieten zu können. Der Falcon, die Multimedia-Maschine,
sollte wieder den Vorsprung sichern. Doch, wie so oft bei Atari, folgte den
frühen Ankündigungen - Nichts ! Da wurde überall vom neuen
Falcon berichtet, die Händler darauf eingeschworen und geschult und
umgehende Lieferung versprochen - doch geliefert wurde der Falcon lange,
lange, lange nicht.
Lieferengpässe waren aber nicht neu bei Atari. Schon zum Modellwechsel
auf den Mega ST warteten die Kunden und die Händler lange vergeblich
auf die neuen Rechner. Folge: die Kunden orderten und orderten - um
schließlich entnervt zu stornieren - weil nicht geliefert werden konnte.
Die Händler konnten keine alten Geräte mehr verkaufen, weil alle
auf die Neuen warteten. Die Kunden mußten wieder und wieder
vertröstet werden und die Händler konnten am Ende höchstens
die Hälfte der georderten Rechner absetzen, da viele Kunden gleich bei
mehreren Händlern parallel bestellt hatten. Folge: Viele Atari-Händler
verschwanden von der Bildfläche und die, die übrig geblieben waren,
mußten mit ansehen, wie Atari angesichts der starken Nachfrage Ihre
Monopolstellung gegenüber den Händlern ausnutzte. Da gab es dann
bald gute und böse Händler und wer beliefert werden wollte, mußte
schon so einiges dafür tun. Doch Hochmut kommt vor dem Fall - und so
war das Ende von Atari auch damals schon, wenn auch nur für wenige sichtbar,
vorprogrammiert - die Art des Umganges mit dem Händlernetz.
Die gängige Praxis bei Atari, Lieferversprechungen nicht einzuhalten
und seine Stellung auszunutzen, kam schließlich als Bumerang zurück,
als Atari versuchte, seinen Jaguar über Großhandelsketten und
Versandhäuser in Europa zu vertreiben. Wer so oft schlechte Erfahrungen
mit Atari gesammelt hatte, verzichtete zum großen Erstaunen Ataris.
Bis zuletzt war man bei Atari dem festen Glauben verfallen, der Jaguar wäre
die sichere Rettung. Doch manchmal kommt es anders ...
Grund 5:
Aber auch grundsätzliche Dinge versperrten Atari den Weg. Obwohl Atari
mit dem TT versucht hatte, die professionellen Anwender zu erreichen, geschah
dies nur halbherzig. Auf der einen Seite waren unabhängige und solvente
Händler, die die Basis für den Verkauf hochpreisiger Ataris gewesen
wären, dank der Behandlung durch Atari längst abgesprungen. Auf
der anderen Seite waren die Entwicklungen technisch hochwertiger Hardware
(z.B. auf Basis von RISC-Prozessoren) zwar recht fortgeschritten, litten
aber unter fehlender adäquater ST kompatibler Software. So konnte Atari
im professionellen Markt (Ausnahme: Druck- und Musikbereich) keine bedeutende
Rolle einnehmen, zumal der seit 1986 geplante UNIX Tower TT nie das
Licht dieser Welt erblickt hatte.
Mit der rasch zunehmender Verbreitung von Computern in den Unternehmen, wollten
immer mehr private Anwender auch daheim mit dem Betriebssystem und den Programmen
arbeiten, die sie am Arbeitsplatz schätzen gelernt hatten. In diesem
Bereich domierten aber IBM und Microsoft. Und so brach der Markt für
Atari Computer immer mehr zusammen.
Grund 6:
1. Die mangelnde Werbung, 2. zu langsame Entwicklung, 3. die Konkurrenz
durch Windows, 4. Verprellung der Händler, und 5. das fehlendes Bein
im professionellen Markt führten zwangsläufig zu weniger verkauften
Geräten und damit zum Grund 6: das schlechter werdende
Preis/Leistungsverhältnis. Während die PC-Klones in riesigen
Stückzahlen und unter starkem Konkurrenzdruck produziert wurden, konnte
Atari mit immer kleiner werdenden Stückzahlen einfach im Preis nicht
mehr mithalten. Ein Teufelskreis - das Ende ist uns bekannt.

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