Die ST Familie
Der Name "ST" ist offiziell vom verwendeten Motorola
68000 Prozessor abgeleitet, der 16/32Bit organisiert
ist (=Sixteen/Thirtytwo=ST). Eigentlich sollte Ataris
neuer Rechner TT heißen, abgeleitet von
Thirtytwo/Thirtytwo, dem Namen des Prozessors 32032 von National
Semiconductor. Weil die Lieferbarkeit des 32032 nicht gesichert war,
entschloß man sich auf der Basis des zu Recht populären 68000er
aufzubauen, einem Prozessor, der extern "nur" einen 16 Bit breiten Datenbus
zur Verfügung stellt, intern aber mit 32Bit arbeitet. So wurde der Name
dem neuen Prozessor quasi nachträglich angepaßt - der ST entstand.
Der Name TT verschwindet aber nicht aus dem Bewußtsein der Atari-Techniker
- und schon 1985 wird darüber gemunkelt, daß ein
TT in Planung sei. Das der Name "ST" aus den Initialien
von Sam Tramiel, einem Sohn von Jack Tramiel, abgeleitet worden sei, ist
ein Gerücht.
Ursprünglich war ein 130ST, ein 260ST und ein
520ST geplant. Aufgrund rapide sinkender Speicherpreise
entschließt man sich Mitte 1985, nur den 520ST (mit 512KB) herauszubringen.
Nach einem kurzen Intermezzo des 520ST+, einem auf
1024KByte (=1MByte) aufgerüsteten 520er, kommt recht bald der
1040STFM mit 1MByte RAM auf den Markt.
Alle diese ST-Rechner kommen in einem pultförmigen Gehäuse mit
integrierter Tastatur. Der 520ST bzw. ST+ verfügt noch nicht über
ein eingebautes Netzgerät, sondern muß über das "Brikett"
(=ein klobiges Netzteil in Brikettgröße und -Farbe) versorgt werden.
Dieses Brikett ist, wie einiges andere auch, auf den Zeitdruck
zurückzuführen, unter dem Atari zu dieser Zeit gestanden hat. Der
Amiga, Commodores Gegestück, war angekündigt und es war klar, daß
er ganze Reihe Gemeinsamkeiten haben wird (s.
a. Die Amiga-Affäre). Bei der Entwicklung der 1040er hat man etwas
mehr Zeit und integriert das Netzteil, wie von Anfang an vorgesehen, ins
Gehäuse.
Das größte Manko dieser ersten ST-Generation im Pultgehäuse
ist wohl die Tastatur. Da sie ins Gehäuse integriert ist, hängt
sie mit all den Kabeln (Netzkabel, Monitorkabel, 2.Floppy, Druckerkabel,
Festplatte usw.) praktisch fest - ist nicht beweglich. Außerdem ist
die Qualität dieser Einbautastatur alles andere als befriedigend: ein
spürbarer Tastendruck fehlt und die Tastenabstände sind so klein,
daß man sich leicht vertippt. Ataris
Versäumnisse werden alsbald von Dritten behoben, aber auch Atari
nimmt sich diesem Problem an.
So wundert es nicht, das Atari alsbald den Mega ST
vorstellt. Wichtigster Unterschied: eine abgesetzte Tastatur von brauchbarer
Qualität. Außerdem gibt's auf Wunsch auch eine
Festplatte im gleichartigen Gehäuse zum
stapeln dazu - wichtig, um auch professionellen Anspüchen genügen
zu können. Festplatten sind noch sehr teuer und (noch) nicht zwingend
erforderlich. So ist die Stapel-Lösung wirklich gut durchdacht und auch
optisch ansprechend gelöst.
Apropos professionelle Ansprüche: der Mega ST kommt auch mit mehr Speicher
daher; mit 1, 2 oder gar 4MByte RAM. Letztere sind vor allem für den
DTP-Bereich (Desktop Publishing) wichtig, auf den
Atari klar abzielt. Auch der im Mega erstmals vorhandene Megabus, ein Steckplatz
insbesondere für Grafikkarten, geht in die selbe Richtung.
Während der Mega ST mehr auf den professionellen Bereich zielt, tut
sich seit dem 520ST (und dem technisch weitgehend gleichen 1040er) im unteren
Bereich nichts mehr. Die Konkurrenz schläft nicht und so wird Atari
gezwungen, nachzubessern. Der 1040STE wird groß
angekündigt. Gerüchte sprechen von einem völlig neuen TOS,
höheren Bildschirmauflösungen, mehr Speicher und etlichen
Joystickanschlüssen. Dies alles ist richtig - aber man ist doch
enttäuscht. Die höhere Bildschirmauflösung besteht lediglich
in einer größeren Farbpalette, das neue TOS 1.6 ist kaum
verändert, der Standard Speicherausbau beträgt weiterhin 1MByte
(läßt sich aber steckbar bis auf 4MByte durch SIMMs erweitern)
und die Joystickanschlüsse sind eher Makulatur. Die Kunden hatten mehr
erwartet.
Auch der Mega ST erfährt alsbald Nachbesserung. Hier geht Atari mit
dem Mega STE einen größeren Schritt
vorwärts. Ein völlig neues Gehäuse mit Platz für eine
3.5" Festplatte kommt, der Speicher ist wie beim 1040STE steckbar (1, 2 oder
4 MByte). Der Mega-Bus verschwindet, es kommt der VME-Bus. Die Möglichkeit,
eine HD-Diskettenstation einzubauen, ist vorgesehen bzw. wird in späteren
Mega STEs kommen. Der Mega STE verfügt wie sein Vorgänger über
eine abgesetzte Tastatur.
Alle STs werden mit einer Maus ausgeliefert - dem
wichtigen und für damalige Zeit recht neuem Mittel, um die grafische
Benutzeroberfläche, bei Atari das GEM von Digital
Research, zu bedienen. Als Betriebssystem fungiert das
TOS (Tramiel Operating System), das in weiten Teilen
dem MS-DOS ähnlich ist. Die Ähnlichkeit geht so weit, das auch
DOS-Disketten gelesen werden können.
Alle STs haben eine MIDI-Schnittstelle, um Midi-fähige Geräte,
insbesondere Musiksyntheziser und Keyboards, anschließen zu können.
Die MIDI-Schnittstelle kostet Atari nicht
mal eine Mark pro Rechner - und wird doch für viele Musiker zum wichtigsten
Kaufgrund - ein genialer Einfall Ataris.
Alle STs besitzen neben der seriellen Schnittstelle z.B. für ein Modem
und der parallelen Schnittstelle für einen Drucker auch noch eine
DMA-Schnittstelle. Diese nicht genormte schnelle Schnittstelle ermöglicht
den externen Anschluß von Festplatten
und eines speziellen Laserdruckers, der ganz ohne
Speicher auskommt. Letzteres ist eine wahre Meisterleistung Ataris, denn
dadurch wird nicht nur der Laserdrucker preiswert in der Herstellung, sondern
auch die Datenübertragung geht rasend schnell. Es wird über 10
Jahre dauern, bis diese Entwicklung Ataris auch im PC-Bereich halbherzig
Einzug halten kann - einmal mehr Beweis dafür, wie weit Atari seiner
Zeit voraus war.
Das bestechenste Argument für den Atari (im Vergleich mit seinen
Konkurrenten) ist sein S/W-Monitor SM124: mit 70Hz
flimmert da nichts mehr. Die Schärfe ist beeindruckend; lediglich die
schwarzen Trauerränder verkleinern die sichtbare Fläche doch merklich
- eine typische Atari-Macke.
Folgende Versionen des STs sind in den Handel gekommen:
260ST
520ST
520ST+
1040STFM*
1040STE
Mega ST
Mega STE
STacy
ST Book
*Anmerkung: Obwohl alle 260er, 520er und 1040er mit eingebauter Floppy
(=das "F" im Zusatz) versehen sind, tragen die ersten 520er nur die Bezeichnung
ST bzw. ST+ (das "+" für die aufgerüstete 1MByte Version). Der
Zusatz "M" im Namen steht für Modulator. Damit kann man den Atari an
den Antenneneingang eines Fernsehers anschließen. Die Qualität
dieses Modulators, zumindest die der deutschen und französischen ST
Versionen, sind von sehr guter Qualität. Während diese "M"-Versionen
anfangs noch Sinn machen, da viele, besonders ältere Fernsehgeräte,
keinen Scart-Eingang besitzen, wird der Modulator Ende der 80er Jahre durch
modernere Fernsehgeräte mehr und mehr überflüssig, zumal ein
direkt über Scart angeschlossener Fernseher bessere Bilder produzieren
kann. So kommt es, daß Atari zum Ende der Produktion der 1040er den
Modulator klammheimlich einfach nicht mehr einbaut - und das M im Namen
wegläßt.
Der TT und der Falcon sind
genau genommen keine STs mehr, da sie auf den "reinen" 32-Bit Prozessoren
der 68000er Familie aufbauen. Damit gehören Sie zur TT Familie, auch
wenn sie ST kompatibel sind. Beim Falcon ist die Seelenverwandtschaft zum
ST sehr deutlich zu sehen: äußerlich ist er fast nicht vom 1040er
zu unterscheiden.

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